Nachhaltige Stadtentwicklung: Hotel und Wohngebäude in Biberach
Pläne für ein Hotel an der Bahnhofstraße 19 in Biberach gibt es schon seit über drei Jahren. Dem Gestaltungsbeirat der Stadt wurden bereits 2013 erste Entwürfe vorgelegt. Ursprünglich war geplant, den jahrelang durch die EnBW und derzeit als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge genutzten Gebäudekomplex aus den Jahren 1900 bis 1954 zugunsten eines Neubauprojekts komplett abzutragen. Doch nach dem aktuellen Entwurf von Aldinger Architekten werden Teile des Bauwerks nun saniert und umgestaltet sowie durch einen Neubau zu einem Hotel – und Wohngebäude ergänzt.
„Während die ursprüngliche Planung den Komplettabriss des ehemaligen Verwaltungsgebäudes vorsah, haben wir großen Wert darauf gelegt, einen möglichst großen Teil der alten Bausubstanz zu erhalten. Damit entsprechen wir übrigens auch dem Wunsch sehr vieler Biberacher Bürger“, erklärt Prof. Jörg Aldinger.
Seit Anfang 2017 gehört das Grundstück der Ulmer FIDES Gruppe, die als Investor des künftigen Bauprojekts auftritt und am 7. April das Projekt dem Gestaltungsrat der Stadt Biberach vorstellte. Dieser gab für die Umsetzung nun grünes Licht: Der Teilabriss des Bestands soll im November 2017 beginnen, Neu- und Umbau sind ab 2018 geplant. Das neue Hotel mit der Best-Western-Gruppe als Betreiber, soll Anfang 2019 in Betrieb gehen. Gerechnet werden mit ca. 20.000 Hotelbesuchern pro Jahr.
Nachhaltige Stadtentwicklung
Das städtebauliche Konzept des Bauvorhabens generiert sich aus dem Kontrast von Alt und Neu. Das Verhältnis zwischen Bestandserhaltung und neu errichteten Gebäudeteilen wird dabei ein zu zwei Drittel betragen. Der westliche, U-förmige Gebäudeteil wird entkernt, neu strukturiert, saniert, die Fassade komplett neu gestaltet. Lediglich der älteste Gebäudeteil aus dem Jahr 1900 entlang der Bahnhofstraße wird durch einen Neubau ersetzt: Aldinger Architekten platzieren entlang der Straße einen schlanken, unaufdringlichen Baukörper, dessen bewusst dezent gestaltete Fassade an der Ecke Bismarckring/Bahnhofsstraße zurückspringt und damit einen städtebaulich deutlichen Akzent setzt. Nicht nur lässt der Rücksprung wichtige Wege- und Blickbeziehungen am Bismarckring in Richtung Bahnhof entstehen – er schafft gleichzeitig eine ansprechende Vorfläche im Eingangsbereich des Hotels sowie öffentlich nutzbaren Raum für Fußgänger und Radfahrer.
Neben dem rund 100 Zimmer umfassenden Hotel sollen im Gebäudekomplex außerdem 30 Eigentumswohnungen mit Größen zwischen 30 und 130 Quadratmetern entstehen. Wenn möglich orientieren sie sich mit großzügigen Terrassen zum neu gestalteten grünen Innenhof. Damit möchten Investor und Stadt der steigenden Nachfrage nach vielfältigem, attraktivem Wohnraum in Biberach entgegen kommen und an infrastrukturell wichtiger Stelle die Stadtentwicklung gezielt und nachhaltig vorantreiben. Gleichzeitig steht der Innenhof mit einer Überdachung dem Hotel als Atrium zur Verfügung und bildet den zentralen Schnittpunkt zwischen Hotel- und Wohnnutzung.
Businesshotel und urbanes Wohnen im Einklang
Im bestehenden U-förmigen Gebäudeteil ist im Nord- und Westflügel die Nutzung als Wohnungsbau vorgesehen. Auch der bisher als Lagerfläche genutzte Dachraum wird als Wohnfläche nutzbar gemacht.
Das Businesshotel hingegen wird in den bestehenden Südflügel des Gebäudes integriert und setzt sich im östlich gelegenen Neubau fort. Zugang und Lobby des Hotels befinden sich auf Straßenniveau im Neubau mit Eingang am Bismarckring. Die Anbindung der Hotelnutzung in Alt- und Neubau erfolgt über einen transparent gestalteten Zwischenbau mit Brückencharakter in den Obergeschossen.
Der vorhandene Tiefhof wird durch eine gestaltete Plattform geschlossen und als Tiefgarage genutzt, die von der Bahnhofstraße erschlossen wird. Durch das Zusammenlegen der Einfahrten der Gebäude Bahnhofstraße 19 und 27 entsteht ein großzügiger Zufahrtsbereich für beide Grundstücke, der den reibungslosen Zu- und Abfahrtsverkehr ohne zusätzliche Belastung der Bahnhofstraße gewährleistet.
Das Dach der Tiefgarage wird begrünt und landschaftsgärtnerisch gestaltet. Eine großzügige Freitreppe führt vom Bismarckring zwischen Bestandsgebäude und Neubau in den Innenhof.
Fassadengestaltung im Dialog mit den Nachbargebäuden
Ein besonderes Augenmerk und besondere Sensibilität ließen Aldinger Architekten der Fassadengestaltung zukommen, die sich in ihrer Struktur in die Umgebung einfügt und architektonisch im Gesamtbild einen städtebaulichen Akzent setzt. Die Fassadengliederung des Bestandsgebäudes bleibt weitestgehend erhalten. Technisch notwendige Anpassungen erfolgen durch das Erneuern der Fensterelemente sowie das Aufbringen eines Wärmedämmverbundsystems mit differenziert gestalteter mineralischer Putzfassade. Der Neubau erhält ebenfalls einen mineralischen Oberputz.
Im Erdgeschossbereich öffnet sich das Gebäude mit einladenden, großen Glasflächen dem Stadtraum. Hier werden Hotellobby sowie ein öffentlich zugängliches Café/Bistro angesiedelt sein. Ab dem ersten Obergeschoss ist die Fassade als streng rhythmisierte Lochfassade geplant. Bewusst wollen die Architekten damit einen gestalterischen Dialog zum gegenüber liegenden Finanzamt herstellen, das ebenfalls von einer Lochfassade geprägt ist.
Zukunftsfähiges Energiekonzept
Nachhaltig wird auch die Energieversorgung des Gebäudes sein und somit für potentielle Wohnungskäufer im Hinblick auf mögliche Fördergelder attraktiv. Angestrebt ist der energetische Standard KfW 70 für den Bestandsbau Wohnen. Bestand Hotel und Neubau Hotel werden vermutlich nach aktuell gültiger EnEV ausgeführt. Die Wärmeerzeugung für Alt- und Neubau ist mittels eigenem Blockheizkraftwerk und Gasbrennwertkessel projektiert.
Die Wärmeübertragung in den Wohnungen erfolgt komfortabel über Fußbodenheizung, im gesamten Hotelkomplex sollen Heizung und Kühlung über innovative Gebläsekonvektoren (Fan coil units) erfolgen, die als Universalgeräte heizen, kühlen, lüften, sowie die Raumluft filtern, ent- und befeuchten können. Die im Gesamtgebäude installierte Abluftanlage soll im Bereich des Hotels mit energieeffizienter Wärmerückgewinnung ausgestattet werden. Die Tiefgarage wird natürlich belüftet.